Die Welle – Ein Versuch, der zu weit geht

An zwei Abenden präsentierte die Theater-AG „Die Welle“ von Morton Rhue und interpretierte den bekannten Klassiker in einer beeindruckenden Inszenierung. Ben Ross (Timm Osterhorn), ein passionierter Geschichtslehrer an der Gordon High School, will seine Schülerinnen und Schüler mit einem Experiment anstatt mit Büchern davon überzeugen, dass es auch heute noch möglich sei, Menschen in Fanatiker, wenn nicht gar Verbrecher zu verwandeln. 

Nahezu unmerklich entwickelt sich eine chaotische Klasse zu einer Einheit, in der Gruppengefühl, Energie und Spannung ihren Raum finden. Wer Erfolg will, brauche Disziplin, so das Motto. Ein gemeinsames Ziel, ein Slogan, ein Mitgliedsausweis und schließlich das Symbol der Welle werden zum Ausdruck dieser Gemeinschaft. Selbst Robert (Emma Ringwald), der einstige Außenseiter, findet Halt und Anerkennung in dieser immer größer werdenden neuen Bewegung.  

bild-20220630-180029-1d2bf71a.jpegNur einzelne Personen wie die Direktorin der Schule (Sina-Marie Schiller) und die Ehefrau (Franziska Maurer) fürchten und mahnen, dass das Experiment zu weit gehe und zur Gefahr für die jungen Menschen werden könne. Eine Schülerin namens Laurie (Luisa Reiser) vertritt mit sehr kritischer Haltung und Stimme ihre Überzeugung als Redakteurin der Schülerzeitung und kann sich nur mit größter Mühe den Anfeindungen der anderen widersetzen. 

Der geplante Ausstieg aus dem Experiment wird für Ross immer schwieriger, den richtigen Zeitpunkt scheint es nicht mehr zu geben. Sehr eindrucksvoll ist hier die sequenzierte Gerichtsverhandlung inszeniert, in der sich Ross für die Folgen verantworten muss und die den Rahmen des Stücks bildet, ebenso wie die literarischen Texte, die die Tragik der Situation verdeutlichen. Der mahnende Chor rezitiert unter anderem Brecht und Tucholsky und schafft dabei eine eindringliche und dichte Atmosphäre. Ohne Frage ein Stück, das unter die Haut geht.  

In dieser Aufführung spielten rund 30 Schülerinnen und Schüler ihre Rolle sehr überzeugend und authentisch. Sie hatten seit Beginn des Schuljahres mit den Lehrkräften Sandrine Remmeau und Daniel Kurz gemeinsam mit dem ehemaligen Heimschüler Marvin Günthner intensiv gearbeitet und trotz verschiedener Widrigkeiten an ihrem Projekt festgehalten.  

Ein Einsatz, der sich mehr als gelohnt hat, wie auch zum Ende der Veranstaltung Schulleiter Eberhard Pfister in seinen Dankesworten zum Ausdruck brachte. Er berief sich dabei auf die verschiedenen Facetten von Disziplin und den Auftrag an jeden Einzelnen von uns, wach und kritisch zu sein. Zurück bleibt ein begeistertes und gleichzeitig nachdenkliches Publikum. 

 

Text: Silvia Loewer-Spitz 

Bilder: Jens Müller