Politiktag und Demokratiebildung an der Heimschule

„Politik ist nicht nur das, was in Brüssel und Berlin passiert. Politik findet auch in den Gemeinden und Rathäusern statt“. Mit diesen Worten eröffnete Bruno Metz, Bürgermeister der Stadt Ettenheim, die Politiktage für die Neuntklässlerinnen und Neuntklässler am Gymnasium und der Realschule an der Heimschule St. Landolin. Der Austausch mit dem Bürgermeister verdeutlichte, dass die Demokratie auch Schülerinnen und Schüler dazu einlädt, sich als junge Bürgerinnen und Bürger politisch einzubringen. Damit stehen die Politiktage beispielhaft für die Vermittlung einer demokratischen Haltung, die man mit Max Frischs Ausspruch „Demokratie heißt, sich in die eigenen Angelegenheiten einzumischen“ beschreiben kann: Schülerinnen und Schüler werden ermuntert – oder es wird ihnen abverlangt – sich eine Meinung zu bilden, Ideen zu verfolgen und für diese zu werben, Kompromisse auszuhandeln und Mehrheiten zu akzeptieren. 

img_4683verkleinert.jpgBei den Politiktagen beschäftigten sich die Neuntklässlerinnen und Neuntklässler fünf Stunden unter der Leitung und Moderation von Eva Wolters mit ihren Gemeinden und sammelten in klassenübergreifenden Gruppen Stärken, Schwächen und Ideen zu ihrer Kommune. Anschließend gab es für die Jugendlichen die Möglichkeit, mit Bruno Metz in den Dialog zu treten. Neben konkreten Vorschlägen zur Verbesserung der Gemeinde aus Perspektive der Jugendlichen wurden auch Themen wie der Klimawandel und die Stärkung von Familien und Arbeitsplätzen in Ettenheim besprochen. Das Rathaus Ettenheim lädt im Anschluss daran alle interessierten Jugendlichen aus Ettenheim am 5. März 2020 ein, um die Gespräche und Ideen der Schülerinnen und Schüler in Workshops zu vertiefen. 

 

Da die Heimschule St. Landolin ein sehr großes Einzugsgebiet hat und viele Schülerinnen und Schüler aus den umliegenden Gemeinden kommen, stellten sich beim Politiktage zudem diese Bürgermeister in kurzen Videos vor. Auch sie wollen mit den Jugendlichen ins Gespräch kommen und haben dafür ebenfalls Termine im März angeboten. Die Schülerinnen und Schüler konnten sich während des Vormittags auf die Listen für ihre Gemeinde eintragen. 

Neben den Politiktagen, die in jedem Jahr in Kooperation mit der Stadt Ettenheim stattfinden, bringen eine ganze Reihe von regelmäßigen Veranstaltungen, Exkursionen und Projekten Schülerinnen und Schüler in authentischen Kontakt mit Akteuren und Prozessen demokratischer Politik. Beispielhaft gehören ein Besuch einer Gerichtsverhandlung oder des Landtages ebenso zum Curriculum des Gemeinschaftskundeunterrichts wie Besuche von hochrangigen Politikern wie Mitgliedern des Landtages — oder im vergangenen Jahr sogar von Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble — zum Schulleben. Besonders vertieft sind selbstverständlich die Angebote im Leistungskurs Gemeinschaftskunde in der gymnasialen Oberstufe. Hier standen in den vergangenen Jahren etwa Exkursionen nach Straßburg und eine sechstägige Studienfahrt nach Brüssel samt Teilnahme an der Europa-Akademie auf dem Programm.

dsc_0156.jpgIm täglichen Schulleben hat für die Erfahrung demokratischer Prozesse die SMV eine zentrale Bedeutung. In diesem Gremium lernen Schülerinnen und Schüler, Ideen zu entwickeln, Schule zu gestalten und auch Mehrheiten zu akzeptieren. Dies zu fördern, ist der Heimschule St. Landolin besonders wichtig, da so die Kinder und Jugendlichen im schulischen Rahmen erfahren, wie Demokratie funktioniert. Vor allem die Idee des Schülerbudgets spielt dafür eine wichtige Rolle. Jedes Schuljahr dürfen die Schülerinnen und Schüler 3000 Euro für ein Projekt ihrer Wahl ausgeben. Die gesamte Schülerschaft wird an der Entscheidung beteiligt — die SMV koordiniert diesen Entscheidungsprozess. Dabei lernen die Jugendlichen Ideen zu entwickeln, auszuarbeiten und dafür zu werben. Doch darüber hinaus erkennen sie auch, dass nicht jede Idee kompromisslos umgesetzt werden kann. Das Suchen von Mehrheiten, Aushandeln von Kompromissen und Gewichten von Ideen wird so konkret erfahrbar und trägt zur Demokratiebildung bei. Und die Ergebnisse können sich sehen lassen: Mithilfe des Schülerbudgets wurde ein Wasserspender in der Turnhalle aufgestellt, ein Oberstufenzimmer eingerichtet und die Erweiterung der Sitzmöglichkeiten rund um die Mensa initiiert.

 

Text: Anne Kunzweiler, Jakob Katzmann

Bilder: Heike Schillinger (Stadt Ettenheim), Jakob Katzmann